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Über Vorstellungskraft
Manchmal wünsche ich mir Dinge, und mir wird erst später bewusst, was dieser Wunsch eigentlich bedeutet. Ich werde mir dessen bewusst, wenn ich seine Erfüllung erfahre.
Wie jetzt auf dieser Reise: Ich erlebe ständig, dass sich meine Wünsche erfüllen, und wie ihre Erfüllung sich in gewisser Weise von dem unterscheidet, was ich mir vorgestellt habe, und gleichzeitig genau das ist, was ich mir gewünscht habe.
Das Baumhaus der Erkenntnis
Ich hatte heute einen solchen Moment, als Friedas Verlobter Jason mir die Entstehungsgeschichte seines Baumhauses erzählte. Ich erinnerte mich plötzlich daran, wie ich vor meiner Reise eine Art Wunschliste geschrieben hatte, mit Orten, die ich besuchen wollte, was ich sehen und erleben wollte. Auf dieser Wunschliste stand ein Baumhaus, eines von einer ganz bestimmten Person, deshalb erkannte ich dieses Baumhaus nicht sofort als das Baumhaus von meiner Wunschliste. Aber als ich hörte, wie Jason über sein Baumhaus sprach und erkannte, wie gut durchdacht jedes Detail daran ist, dass dies wirklich die Manifestation einer großen Vision ist, erinnerte ich mich plötzlich daran, dass ich das Baumhaus auf meiner Wunschliste genau so so wahrgenommen hatte. Mir ging auf, dass mich eben das so fasziniert hatte, dass es der Grund, warum ich unbedingt dieses besondere Baumhaus sehen wollte. In diesem Sinne wurde mir mein Wunsch erfüllt, auch wenn ich nicht dieses Baumhaus sah und nicht die Erbauerin aus meiner Visualisierung traf.
Wir bekommen was wir uns vorstellen
Meiner Erfahrung nach funktionieren Wunsch und Visualisierung genau so: Wir bekommen buchstäblich das, was wir uns wünschen, was wir uns vorstellen. Nicht buchstäblich in dem Sinne, dass es in Übereinstimmung mit den Worten ist, die wir verwenden, sondern etwas, das dem Gefühl entspricht, das die Visualisierung in uns hervorruft. Deshalb brauche ich manchmal eine Weile, um zu erkennen, dass das, was ich gerade erlebe, genau das ist, was ich mir gewünscht habe.
So ist es bei jeder Station meiner Reise bisher gewesen – nach außen sahen sie alle anders aus als ich es mir vorher vorgestellt hatte, aber das Gefühl war das gleiche wie in meinen Visualisierungen. Je detaillierter ich mir vorstellte, was ich wollte, desto stärker war die Ähnlichkeit.
Seit ich das verstanden habe, überprüfe ich manchmal in Gedanken, was aus den Dingen geworden ist, die ich mir vorgestellt und gewünscht habe. Und ich bin zu diesem Zeitpunkt erstaunt darüber, dass es immer weniger Zeit braucht, bis meine visualisierten Wünsche wahr werden – und dass jede Abweichung von dem, was ich wirklich will, immer daran liegt, dass ich ein Detail in der Visualisierung oder der Beschreibung meines Wunsches versäumt habe.
Es ist unsere eingeschränkte Sicht, die uns daran hindert zu sehen, dass alles in Übereinstimmung mit dem großen Ganzen ist
Gleichzeitig kann ich sehen, dass hier auch eine tiefere Weisheit am Werk ist. Auch wenn die Abweichungen mich für einen Moment enttäuschen, wenn ich merke: „Oh, ich habe vergessen, das genau zu sagen, deshalb ist es so geworden“, stellt sich immer heraus, dass die Art und Weise, wie sich die Dinge entwickeln, genau richtig ist. Dass sie in Übereinstimmung mit dem Gesamtbild sind. Dass es nur meine beschränkte Perspektive aus dem Augenblick heraus ist, die mich daran hindert, das zu sehen.
Tue ich das Richtige?
Ich habe mir früher viel mehr Gedanken darüber gemacht, ob ich „das Richtige“ mache. Ich hatte ständig das Gefühl, dass ich mein Potenzial nicht ausschöpfte, dass ich etwas falsch machte, weil ich nicht besser war als ich war. Als ich begriffen habe, dass es ein größeres Bild gibt, dass wir mit einem bestimmten Plan in unser Leben kommen, und dass, auch wenn es Spielraum für Variationen in den Details gibt, es nicht möglich ist, in dem Sinne „zu versagen“, dass wir unseren Plan nicht erfüllen. Als ich das begriff, tröstete ich mich „Entweder war es richtig oder nicht so wichtig“, wenn ich mir mal wieder Sorgen machte, „das Falsche“ zu tun.
Was, wenn unsere „verzeihlichen Fehler“ nichtmal Fehler sind?
Auch darüber bin ich mir jetzt nicht mehr so sicher. Was, wenn es noch besser ist? Was, wenn die Dinge, die ich für verzeihliche Fehler gehalten habe, nicht einmal Fehler sind? Was ist, wenn alles genau so ist, wie es richtig ist – und zwar ständig? Was, wenn es nur meine eingeschränkte Sicht auf Dinge ist, die mich daran hindert, das zu sehen und ich mir deshalb einbilde, etwas ginge schief? Denn ich erlebe mehr und mehr, dass mein Leben, wie es sich gestaltet, genau richtig ist, selbst wenn ich beim Wünschen und Visualisieren meiner Zukunft bestimmte Details vergesse. Dass alles, was ich erlebe und erhalte erweist sich stets als genau das, was ich in Bezug auf das große Ganze brauche.
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Was ist mit Road to Walden?
Als ich beschloss, Road to Walden als Titel dieses Blogs fallen zu lassen, lag es nicht daran, dass ich dachte, die Suche sei beendet. Ich werde immer auf diesem Weg sein, der nach Zuhause im Innen führt, während ich mir auch bewusst bin, dass genau das „Unterwegs“ auch das Zuhause ist.
Ich beschloss, den Titel zu ändern, weil er, abgesehen von den vielen wunderbaren Dingen, die Thoreaus Walden für mich darstellt, auch eine Vorstellung repräsentiert, die ich in diesem Stadium meines Lebens hinter mir lasse: die Vorstellung, dass die Suche nach Glück (= Zuhause) darin besteht herauszufinden, wie wenig man braucht, um zufrieden zu sein. Ich stimme immer noch zu, dass Glück nicht im „Zeug“ liegt, und ja, es stimmt, dass so vieles von dem, was wir tun, um uns einen Lebensstil zu leisten, von dem wir glauben, dass er notwendig ist, um uns glücklich zu machen, uns zum genauen Gegenteil führt. („Die Masse der Menschen führt ein Leben in stummer Verzweiflung„, wie Thoreau es so treffend beschreibt).
An diesem Punkt in meinem Leben ist die Frage, wie wenige Dinge es braucht um glücklich zu sein, nicht mehr so interessant, auch wenn ein Teil meines Verstandes immer noch dieses Spiel spielt („Werde ich mir auf dieser Reise neue Quellen für ein regelmäßiges Einkommen erschließen bevor mein Erspartes aufgebraucht ist?“ ist einer dieser Klassiker, die an manchen Tagen in der Wiederholungsschleife gespielt wird). So wie ich es sehe, müssen die beiden nicht miteinander verbunden sein. Ich bin nicht mehr daran interessiert, finanziellen Wohlstand und weltliche Besitztümer zu verurteilen. Es ist möglich, sehr wenig „Zeug“ und Geld zu haben und glücklich zu sein. Es ist möglich, sehr wenig zu haben und unglücklich zu sein. Es ist möglich, viel zu haben und glücklich zu sein, und es ist möglich, viel zu haben und unglücklich zu sein. Wie gesagt: das Experiment, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein, ist meiner Meinung nach keine wirklich interessante Frage mehr.
Ich weiß, das mag seltsam klingen, weil es genau das ist, was ich gerade lebe. Ich besitze nicht mehr, als ich in meinen Rucksack packen kann und beweise mir jeden Tag, dass es sehr gut möglich ist, mit sehr wenigen Dingen glücklich zu sein. (Und ja, an manchen Tagen: Nicht so glücklich, aus allen möglichen Gründen). Wie immer zählt die Absicht dahinter. Ich glaube zwar wie gesagt, dass das Glück nicht in materiellen Dingen liegt, aber ich glaube auch, dass die Ablehnung materieller Dinge jedoch das Spiel nicht verändert – man spielt nur im anderen Team. Das Jagen von Reichtum und Gegenständen nur um der Sache willen ist für mich ebenso uninteressant wie ihre Verdammung, mit der Begründung, dass du weißt, dass sie dich nicht glücklich machen werden. Denn freudlose Askese ist auch nicht der Weg zum Glück. Ich denke, wenn man sich dadurch bestärkt fühlt zu sehen, dass man mit sehr wenig gut auskommen kann, dann ist dies eine freudvolle und somit wertvolle Erfahrung, und das ist definitiv auch ein Teil dieser Reise.
An diesem Punkt interessiert mich jedoch am meisten das Konzept des Loslassen. Ich bin daran interessiert, alles zu genießen, was das Leben zu bieten hat, einschließlich materiellen Wohlstandes, ohne es zu meinem goldenen Kalb zu machen. Ich weiß, das ist etwas sehr „modernes“ (The Secret / das Gesetz der Anziehung), und das war in dieser Form vermutlich einfach kein Thema der Zeit für Thoreau *. Road to Walden hat diesen Aspekt, der inzwischen für alle Bereiche meines Lebens zu einem Angelpunkt geworden ist, dementsprechend nicht wirklich zum Ausdruck gebracht.
sarineturhede.com ist eine offensichtliche Wahl – und manchmal sind die offensichtlichen Dinge eben genau richtig. Mein Weg ist immer noch von anderen inspiriert (und ich finde immer noch jede Menge Wahrheit in Walden, jedes Mal, wenn ich es mal wieder in die Hand nehme). Aber es ist eben mein Weg.
* Obwohl, wer weiß – Thoreau lebte nur ein Jahr und nicht sein ganzes Leben in Walden Pond. Vielleicht war also die Frage, mit wie wenig Besitz man auskommen kann, auch für ihn keine lebenslange Sinnfrage …